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Ist Freistehen cool - oder uncool?

 
Die kleine Straße führt zunächst durch einen kleinen Wald, dann über eine wilde Wiese und mündet schließlich in einen unscheinbaren Parkplatz. Er ist komplett leer. Komisch, denn die Aussicht ist einfach grandios: Bergpanorama und unendlicher Weitblick inklusive. Der perfekte Übernachtungsplatz. Schnell eine Foto gemacht, gepostet und tausende von Fans neidisch gemacht. Denn Übernachten fernab von Campingplätzen ist einfach cool.
  
Freistehen ist der Inbegriff von Unabhängigkeit, Freiheit und Lebensgenuss. Freistehen bedeutet Abenteuer und Unangepasstheit. Freistehen steht für Minimalismus und Verzicht auf Komfort. Freistehen erlaubt unvergessliche Erfahrungen und Erlebnisse. Und Freistehen braucht auch ein bisschen Mut. Was soll es daran also auszusetzen geben?

  

Nichts am Freistehen ist auszusetzen. Meistens zumindest

Natürlich ist es genau das, was man möchte, wenn man mit einem Bus oder Wohnmobil unterwegs ist: dort stehenbleiben, wo es schön und inspirierend ist - egal ob am Waldrand, auf einer Wiese, einem versteckten Parkplatz oder einer einsamen Bucht. Das hat man ohnehin nicht so oft. Und klar ist daran nichts auszusetzen. ... . Eigentlich. Wäre da nicht der ein oder andere Gedanke, ob es wirklich immer so cool ist.

  

Uncool ist Freistehen nahe einem kleinen, familiengeführten Campingplatz

Was ist, wenn es da den kleinen Familienbetrieb gibt, der einen Campingplatz führt, der nicht ständig ausgebucht ist und sich noch nicht über steigende Besucherzahlen freuen darf. Der auf jeden Camper angewiesen ist und zusehen muss, wie sich womöglich in unmittelbarer Nähe Camper für einige Zeit niederlassen und vielleicht auch noch unerlaubt die Infrastruktur des Platzes nutzen (alles schon erlebt!). Für uns irgendwie ein komisches Gefühl. Dann lieber doch gleich auf den Platz oder großzügigen Abstand halten.

   

Uncool ist ständiges Freistehen in Ländern, die auf Camping Tourismus angewiesen sind

In vielen europäischen Ländern ist der Tourismus ein selbstverständlicher Wirtschaftsfaktor - da fällt es uns nicht schwer, auf die Stell- und Campingplätze zu verzichten. Doch in Vorbereitung auf die nächste neue Tour - Bosnien-Herzigowina - haben wir gemerkt, dass es uns unfair vorkäme, nur freizustehen. Ein Land, das noch weit entfernt ist, ein beliebtes Tourismusziel zu sein, braucht diese Einnahmequelle dringend - gerade von den Tourismus-Pionieren. Wenn wir von diesem schönen Land profitieren, wollen wir auch etwas zurückgeben. Z.B. an die Bauern, die ihre Gärten fürs Camping gegen eine kleine Gebühr freigeben oder an die Besitzer der noch jungen Camingplatzbetreiber.

  

Uncool ist Freistehen, wenn mit dem Platz und der Natur respektlos umgegangen wird

Man möchte es ja nicht glauben, aber noch immer gibt es viele ach so coole Camper, die Müll, Abwasser oder sonstige Hinterlassenschaften zurücklassen, die einen nur noch beschämen. Die mit Shampoo in freier Natur duschen oder mit Spülmittel ihr Geschirr im Fluß waschen. Die ihre Toilette (am besten mit Chemie versetzt) im Graben entleeren. Die ihren Müll an den übervollen Mülleimer einfach dranhängen und wegfahren. Die ihre Kippen noch immer auf dem Boden ausdrücken und liegenlassen. Völlig uncool. Immer mehr Van-Blogger hören deswegen auf, schöne WildCamper-Plätze preiszugeben - schade, aber verständlich.

 

 

Ich denke, wir können alle eine gute Mischung finden. Wir können mit Spaß und Kribbeln im Bauch Freistehen und zugleich verantwortungsvoll gegenüber der Natur und den Einheimischen sein. Statt Geld für Übernachtung können wir es z.B. im Lokal oder im Café ausgeben. Wir können in den lokalen Läden kaufen statt in den internationalen Supermarkt-Ketten und somit die Einheimischen unterstützen, wo Unterstützung gebraucht wird.

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